Teile der Städtischen Sammlung neu präsentiert
- Neues Konzept für die Räume 05 und 06 der Städtischen Sammlung
- Blick auf die Sammlung unter ihrer geschichtlichen sowie gesellschaftlichen Entstehung
Anfang September 2024 endete die viel beachtete Sonderausstellung „Erinnern heißt verändern. Hanau 19. Februar 2020“, die die Ereignisse und deren Aufarbeitung nach dem rassistischen Anschlag thematisierte. Für Marcus Andrew Hurttig, den neuen Direktor des Museums im Kulturspeicher (MiK) in Würzburg, war dies der ideale Zeitpunkt, um Teile der Städtischen Sammlung mit einem neuen inhaltlichen Konzept zu präsentieren. Seit Ende September sind nun die umgestalteten Ausstellungsräume (05+06) für die Besuchenden wieder zugänglich.
„Das MiK wurde 1941 als Städtische Galerie im Auftrag der NS-Stadtregierung gegründet“, erklärt Hurttig. „Das wirft Fragen auf: Wie hat sich dies auf die Sammlung ausgewirkt? Welche Kontinuitäten gab es nach dem Krieg?“ Hurttig ist besonders interessiert daran, wie das Kunstmuseum in Würzburg mit gesellschaftlichen Entwicklungen umging und welche Auswirkungen dies auf den Aufbau der Sammlung hatte.
Das ursprüngliche Sammlungskonzept konzentriert sich auf Kunst aus Mainfranken, insbesondere aus Würzburg, seit dem 19. Jahrhundert. Die Sammlung umfasst Werke von Künstler*innen, die hier geboren wurden oder tätig waren. Während sich vor allem Schwerpunkte im deutschen Realismus und Impressionismus herausgebildet haben, fehlen bedeutende Positionen der Nachkriegsmoderne und zeitgenössischen Kunst weitgehend.
Die Mitarbeitenden des MiK sind sich der bestehenden Sammlungslücken und der kritischen Gründungsgeschichte bewusst. Diese Aspekte sollen durch Ausstellungen, Veranstaltungen und gezielte Ankäufe kritisch aufgearbeitet werden, um die Vielfalt moderner und zeitgenössischer Kunst sichtbar zu machen. Mit der Neupräsentation in den Räumen 05 und 06 wird ein erster Schritt in diese Richtung unternommen.
Themenschwerpunkte in der Neupräsentation
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts studierten vor allem Männer an der Kunstakademie in München; Frauen waren erst ab 1920 zugelassen. Künstler wie Franz Driesler und Bernhard Fech gehörten zu den Würzburger Studierenden, die wie viele ihrer Altersgenossen im Ersten Weltkrieg fielen.
Die Neue Sachlichkeit, die in den 1920er Jahren entstand, strebte eine präzise und objektive Abbildung der Realität an. Diese durchaus kritischen Bilder wurden von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ geächtet. Viele Künstler*innen dieser Richtung arrangierten sich mit dem NS-Regime, indem sie bewusst unpolitische Themen wählten.
Seit 1933 waren nur Menschen „arischer Abstammung“ künstlerisch tätig, während jüdische Kunstschaffende verfolgt, enteignet und deportiert wurden. In Würzburg fanden sich mit Joseph Oppenheimer und Milly Marbe-Fries zwei jüdische Künstler*innen, deren Schicksale exemplarisch für die Zeit stehen.
Die Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 durch einen Bombenangriff hinterließ eine sichtbare Wunde in der Stadtgeschichte. Bis kurz vor dem Angriff entstanden viele Werke, die die Stadt darstellten, jedoch kaum Künstler*innen malten die Stadt nach ihrer Zerstörung.
Die Ausstellung documenta 1 im Jahr 1955 legte den Grundstein für die Nachkriegsmoderne, während der Kunststandort Würzburg weitgehend unberührt blieb. In der Städtischen Galerie setzte man auf einen figurativen Kontinuitätsweg, der erst in den 1960er Jahren endete.
Die Gegenwartskunst hat sich seitdem stark erweitert und umfasst heute neue Materialien und Medien. Das MiK versucht, diese Vielfalt seit den 1970er Jahren durch gezielte Ankäufe zu dokumentieren und zu fördern.
Künstler*innen in Raum 05: Arnold Balwé • Hans Otto Baumann • Willi Baumeister • Heiner Dikreiter • Franz Driesler • Georg Ehmig • Bernhard Fech • Willi Geiger • Carl Grossberg • Hans Haffenrichter • Erich Heckel • Fried Heuler • Alida Kisskalt • Paul Kleinschmidt • Alfons Klühspies • Wilhelm Kohlhoff • Franz Lenk • Milly Marbe-Fries • Otto Modersohn • Joseph Oppenheimer • Hans Reichel • Friedrich von Rieger • Christian Rohlfs • Josef Scharl • Karl Walther
Künstler*innen in Raum 06: Joannis Avramidis • Stephan Balkenhol • Wilhelm Bauermann • Reinhard Dachlauer • Madeleine Dietz • Otto Grau • Brigitte Hausner • Magdalena Jetelová • Tina Juretzek • Norbert Kleinlein • Joachim Koch • Oskar Koller • Rita Kuhn • Gertrude Elvira Lanten-hammer • Camill Leberer • Hella Lenz • Wolfgang Lenz • Curd Lessig • Hiroyuki Masuyama • Steffi Mayer • Herbert Mehler • Erhard Michel • Heiner Reitberger • Christiane Richter • Joachim Schlotterbeck • Andi Schmitt • Peter Stein • Angelika Summa • Barbara Camilla Tucholski • Gunter Ullrich • Josef Versl
Weitere Informationen
► Provenienzforschung: Herkunft und Verdacht
► Forschungsprojekt: Kunst aus der Zeit des Nationalsozialismus in der Städtischen Sammlung
Impressionen aus Raum 05
Impressionen aus Raum 06