Valentin Schwab - eine Retrospektive

11. Februar bis 21. Mai 2023

Der unterfränkische Fotograf und Kameramann Valentin Schwab (1948–2012) gehört zu den großen Unbekannten der deutschen Fotografiegeschichte. Dabei hat er seit den 1970er Jahren ein Werk vorgelegt, das in Konsequenz, engagierter Haltung und Qualität des fotografischen Blicks in der deutschen Dokumentarfotografie des 20. Jahrhunderts seinesgleichen sucht.

Schwab, Valentin, Streuobstwiese, Steinfeld, undatiert, MiK ©Valentin Schwab-Archiv, Karlstadt

Bestärkt von den Studienjahren an der Gesamthochschule Kassel in den 1970er Jahren, spricht aus Schwabs Arbeit der Glaube an die gesellschaftliche Rolle der Kunst und ihre Kraft zur Veränderung. In diesem Sinne engagierte Schwab sich nicht nur als Fotograf, sondern auch als Kameramann: Zusammen mit dem Regisseur Manfred Vosz reiste er in die Krisengebiete der Welt, um das Leben und den Widerstandswillen der Bevölkerung zu dokumentieren – Filme wie „Die nackten Füße Nicaraguas“ und „Mütter, Dollars und ein Krieg“ waren preisgekrönt.
Von Beginn an suchte Schwab dabei die Nähe zu den Menschen, die er teilweise über Monate hinweg begleitete und mit denen er lebte. So entstanden nicht nur Filmbilder von beeindruckender Authentizität, sondern auch Fotoserien etwa in Eritrea, El Salvador oder Kuba, in denen Schwab das Leben der Menschen auf Augenhöhe festhielt, getragen von Sympathie und Respekt.

Schwab,, Valentin Eritrea, Exhibiton Print ©Valentin Schwab Archiv Karlstadt

Schon während der Studienzeit aber zog es den Fotografen immer wieder auch in seine fränkische Heimat, die sich gerade in diesen Jahren durch Strukturwandel und Flurbereinigung stark veränderte. Das ländliche Leben, wie es ihm aus seiner Kindheit vertraut war, das fränkische Dorf und die Landschaft schwanden zunehmend und machten, vor allem in den Dörfern sichtbar, einer anonymisierten, standardisierten Billigbauweise Platz. 
Aus diesen Beobachtungen erwuchs Valentin Schwabs Lebenswerk, dem er später den Titel „LAND“ gab. Dabei ging es ihm darum, die Menschen und das Land festzuhalten, die Veränderungen zu dokumentieren, Vergehendes zu bewahren und gegenwärtige Entwicklungen in Frage zu stellen.

Ohne Titel, undatiert © Valentin Schwab-Archiv, Karlstadt


Fast obsessiv durchwanderte Valentin Schwab unterfränkische Dörfer und das Land mit seiner Kamera – mehrere Regalmeter an Negativmaterial in seinem Nachlass, alphabetisch sortiert von A wie Arnstein bis Z wie Zellingen, zeugen von jahrzehntelangen Streifzügen durch die Dörfer der Heimat.
Parallel sammelte er historische Fotografien, indem er an den Häusern klingelte und die Menschen nach ihren alten Fotos fragte. So entstand ein einzigartiges Archiv fotografischer Aufnahmen des ländlichen Lebens in Unterfranken. 
Schwabs Heimatregion steht dabei exemplarisch für die überall in der westlichen Welt spürbaren gesellschaftlichen Umbrüche des 20. Jahrhunderts.
Auch durch seinen postmodernen Ansatz, der das Archiv als künstlerische Praxis mit einbezieht und das Einzelwerk immer als Teil eines vielschichtigen Komplexes begreift, erhält das Werk Valentin Schwabs eine weit überregionale Relevanz und nimmt in den fotografischen Diskursen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine eigene Stellung ein.

Modernisierte Haushälfte, Wilmars, 1989 ©Valentin Schwab-Archiv, KarlstadtDas Werk Valentin Schwabs war seit einer Ausstellung in der Städtischen Galerie Würzburg vor über 20 Jahren nicht mehr zu sehen. Jetzt richtet ihm das Museum im Kulturspeicher in Zusammenarbeit mit seiner Familie eine Retrospektive aus, die mit ca. 150 s/w-Fotografien aus dem Besitz des Museums und dem Nachlass sowie selten gezeigten Dokumentarfilmen seine Arbeit auch überregional wirken lässt.

Schwab, Valentin, Hände einer Bäuerin, Halsheim, 1974 ©Valentin Schwab-Archiv, Karlstadt

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