Neupräsentation: Städtische Sammlung
Fast 30 neue Kunstwerke kann das Museum im Kulturspeicher nach der Wiedereröffnung der Städtischen Sammlung am 27. April in einer Sonderpräsentation der Neuerwerbungen den Besuchenden vorstellen. Denn in den Jahren 2021 und 2022 hatte das Museum erstmals seit Jahrzehnten wieder einen Ankaufsetat zur Verfügung. Es konnten bedeutende, interessante und berührende Werke von regionalen und überregionalen Künstler*innen erworben werden, die die Städtische Sammlung künftig bereichern.
Auch durch einige Schenkungen wurde die Sammlung in den letzten Jahren erweitert. So kamen unter anderem Werke der Würzburger Künstler Curd Lessig, Josef Scheuplein und Dieter Stein als Schenkungen in die Sammlung. Die bedeutende Zweitfassung von Wolfgang Lenz‘ „Würzburger Totentanz“ von 1971 wurde hingegen mit städtischen Mitteln und Spenden, die auf Wunsch von Oberbürgermeister a. D. Dr. Klaus Zeitler und der Hetzfelder Flößerzunft an das Museum im Kulturspeicher gingen, im Kunsthandel erworben.
Im Jahr 2021 kamen die städtischen Mittel in erster Linie Künstlerinnen und Künstlern mit regionalem Bezug zugute. Eine der Aufgaben der städtischen Kunstsammlung war es seit jeher, wichtige Positionen des unterfränkischen Kunstschaffens sowie von Künstlerinnen und Künstlern zu zeigen, die biographisch mit der Region verbunden sind. So gehören zu den Neuerwerbungen Gemälde des VKU-Vorsitzenden Andi Schmitt oder der auf Schloss Homburg am Main lebenden Kulturpreisträgerin Elvira Lantenhammer, aber auch Bilder des in Würzburg geborenen, heute in Hannover lebenden und an der Stuttgarter Akademie der bildenden Künste lehrenden Rolf Bier.
2022 wurde ein bedeutendes historisches Werk erworben: Die „Unterführung in Kitzingen“, 1925 von Carl Grossberg gemalt, ergänzt nun den Bestand der Malerei der Neuen Sachlichkeit im Museum, die mit Werken von Christian Schad, Franz Lenk, aber auch regionalen Künstlern wie Hans Baumann und Georg Ehmig aufwarten kann.
Carl Grossberg als der wichtigste Vertreter dieser Kunstrichtung in Unterfranken und überhaupt einer der bedeutendsten Künstler dieser Region in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war bislang nur mit einem Gemälde vertreten; mit dem Ankauf kann seine Position wesentlich gestärkt werden. Die „Unterführung in Kitzingen“ ist ein repräsentatives Beispiel für Grossbergs menschenleere Architektur- und Landschaftsbilder, die durch ungewöhnliche Perspektiven überraschen und Vertrautes fremd wirken lassen. Das pittoreske Kitzinger Stadtbild ist zwar in den barocken Architekturen zu erahnen; im Vordergrund steht jedoch eine Brachlandschaft mit Sandhaufen und einem zerbrochenen Zaun. Ein geschwungener Weg läuft auf eine moderne Unterführung zu. Statt des touristischen Flairs betont Grossberg die Tristesse einer öden Kleinstadt an einem düsteren Tag im Spätherbst. In der scharfkantigen Darstellung der Architektur und der Klarheit der Formensprache ist das Gemälde ein repräsentatives Beispiel für Grossbergs eigenständige Bildauffassung. Das hochrangige Werk konnte mit Hilfe des Freundeskreis Kulturspeicher e.V. und der Unterfränkischen Kulturstiftung
und mit maßgeblicher Förderung der Ernst von Siemens Kunststiftung
erworben werden.

Besonders hervorzuheben ist eine Schenkung der Erbengemeinschaft des Künstlers Jean Leppien. Bei dem 1968 entstandenen Gemälde „Purpurblaues Nordlicht auf Rot“ handelt es sich um ein Werk aus der UFO-Serie, an der der Maler 1967 bis 1976 arbeitete. Der Bauhausschüler Jean Leppien (1910–1991), der von Paul Klee, Josef Albers und Wassily Kandinsky unterrichtet wurde und als ein Vertreter der Art Abstrait gilt, stammte aus einer Lüneburger Kaufmannsfamilie. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 verließ er Deutschland und emigrierte nach Frankreich. Seine Frau, die Weberin Suzanne Nay, war Jüdin und wurde von der Gestapo nach Auschwitz deportiert.
Jean Leppien verbrachte die Zeit bis zum Kriegsende in deutschen Gefängnissen und wurde 1945 von den Amerikanern befreit. Das Wiedersehen nach so schwerer Zeit in Paris war ein Wunder. Das Malen war dem Künstler erst nach 1945 wieder möglich, von nun an lebte und arbeitete er im Winter in Paris und während des Sommers an der Côte d’Azur. Sein Nachlass wird von VAN HAM Art Estate in Köln betreut; von dort aus hat das Gemälde seinen Weg in das Museum im Kulturspeicher gefunden, wo es in der Sammlung Konkrete Kunst bereits zwei weitere Werke von Leppien gibt. Das Gemälde aus der UFO-Serie fasziniert durch seine magische Gestaltung und seine ungewöhnlichen und intensiven Farben und entführt den Betrachter in eine Welt der Geheimnisse und der Unendlichkeit.

Mit Werken von: Rolf Bier • Carl Grossberg • Kristin Finsterbusch • Helga Franke • Andreas Gursky • Elvira Lantenhammer • Hella Lenz • Wolfgang Lenz • Jean Leppien • Curd Lessig • Johann Nußbächer • Henri Prosi • Josef Scheuplein • Andi Schmitt • Dieter Stein • Claudia de la Torre • herman de vries.