Preis Peter C. Ruppert für Konkrete Kunst in Europa

Seit 2008 wird dieser Preis im dreijährigen Turnus verliehen.

2008 wurde er zum ersten Mal verliehen – der Preis Peter C. Ruppert für Konkrete Kunst in Europa. Das Preisgeld der mit 15.000 € dotierten Auszeichnung wird von der Stiftung Peter C. Ruppert zur Verfügung gestellt. Sie geht im dreijährigen Turnus an international hervorgetretene Kunstschaffende, deren Werk für die Konkrete Kunst in Europa nach 1945 von besonderer Bedeutung ist. In begründeten Fällen kann der Preis auch an herausragende Nachwuchskünstler*innen vergeben werden. Die Auswahlkriterien sind, neben der Stringenz der Werkentwicklung, Verdienste und kunsthistorisch wichtige Beiträge zur Konkreten Kunst. Im Rahmen eines Festaktes, ausgerichtet von der Stadt Würzburg, wird der Preis im Museum im Kulturspeicher verliehen.


Bisherige Preisträger*innen

2008: François Morellet

Morellet, Francois, Zufällige Verteilung von 40000 Quadraten, 1962 Foto Elmar Hahn Studios ©VG Bild-Kunst, Bonn 2020

François Morellet, geboren 1926 in Cholet/Anjou, gehört zu den herausragenden, international angesehenen Vertretern der Konkreten Kunst in Frankreich. In jungen Jahren orientierte er seine Kunst an dem Holländer Piet Mondrian und dem Schweizer Max Bill und damit an wichtigen Vaterfiguren der Konkret-Konstruktiven Kunst.

Eine Reise nach Spanien führte ihn 1952 nach Granada und in die Alhambra, deren maurische Malerei ihn faszinierte und ihn in seinem Streben nach geometrischer Bildreduktion bestärkte. Unter diesem Eindruck entwickelte Morellet sein Prinzip des „all over“, der vollständigen Füllung der Fläche ohne abschließenden Bildrahmen. Er selbst spricht von vier wichtigen Systemen als Grundlage seiner Werke: Nebeneinanderstellung und Überlagerung, Interferenzen, Fragmentierung und Zufall. Die Sammlung Peter C. Ruppert enthält drei Werke des Künstlers aus charakteristischen Phasen seiner Arbeit. Sie alle fordern die Wahrnehmung des Betrachters und regen ihn zu neuen Seherfahrungen an.

Bis heute hatte François Morellet Einzelausstellungen in vielen Städten Europas, in den USA und Asien, schuf zahlreiche Werke für den öffentlichen Raum und ist in Museen und Sammlungen der ganzen Welt vertreten. 1961 war er Mitbegründer der „Groupe de Recherche d’Art Visuel“ (GRAV) in Paris, deren Anliegen es war, die Kunst auf spielerische Weise in die Nähe zu nachprüfbaren, wissenschaftlichen Verfahren zu bringen. 1968 und 1977 nahm er an der documenta in Kassel teil, 1970 an der Biennale in Venedig.

François Morellet lebt und arbeitet in Cholet.

Die Preisverleihung an Morellet fand am 17. November 2008 im Museum im Kulturspeicher Würzburg statt. Die Laudatio hielt Dr. Dorothea van der Koelen, Mainz.


2011: Heijo Hangen

Hangen, Heijo, Bild-Nr. 8228, 1982 Foto A.Bestle ©VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Heijo Hangen, geboren 1927 in Bad Kreuznach, hat die Konkrete Szene in Deutschland entscheidend mit geprägt. Von 1947 bis 1950 besuchte er die Landeskunstschule in Mainz, um anschließend freischaffend zu arbeiten. Hangen entwickelte als Maler sein ganz spezielles Bildsystem der geometrischen Flächenteilung eines Quadrats, seines wiederkehrenden Moduls.

Die Umsetzung seines streng durchgehaltenen Konzepts zeigt eine höchst lebendige Abfolge von Bildern unterschiedlicher Formate, Proportionen und reicher Farbigkeit.

In seiner künstlerischen Arbeit geht es Hangen nicht nur um das Einzelbild, sondern auch um die Arbeit in Reihen und Variationen. Daraus hat er für sich das Prinzip der „zeitversetzten Bildkombinationen“ entwickelt, das heißt, die Werke unterschiedlicher Schaffensphasen können in stimmigen Ensembles als Gesamtkunstwerk präsentiert werden. Diese Bildkombinationen sind in ihrer Stringenz einzigartig und bei anderen Künstlern aus dem Bereich der Konkreten Kunst nicht anzutreffen. Die Sammlung Ruppert im Museum im Kulturspeicher verfügt u.a. über eine dieser „zeitversetzten Bildkombinationen“, bestehend aus elf Werken.

Heijo Hangen war 1976 Stipendiat der Villa Massimo in Rom und entwickelte dort das Bildprogramm für seinen Beitrag zur documenta 6, auf der er 1977 vertreten war. 1979 und 1997 hielt er sich als Ehrengast in der Villa Massimo auf. 1991 bekam er den Kunstpreis des Landes Rheinland-Pfalz. Seit seiner ersten Ausstellung im Jahr 1960 blickt er auf mehr als 330 Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen zurück. Sein Werk ist in zahlreichen deutschen wie auch in internationalen Museen vertreten.

Heijo Hangen lebt in der Künstlersiedlung auf dem Asterstein in Koblenz.

Die Preisverleihung an Heijo Hangen fand am 24. November 2011 im Museum im Kulturspeicher Würzburg statt. Die Laudatio hielt Hans-Peter Riese, Köln.


2013: Dóra Maurer

Charakteristisches Merkmal der Kunst von Dóra Maurer (geb. 1937 in Budapest) sind die so genannten „Displacements“. So nennt sie ihre konstruierten Übereinanderverschiebungen von mehrteiligen farbigen Rastern. Insbesondere auch mit ihren daraus hervor gegangenen „Quasi-Bildern“ hat sie einen speziellen, in dieser Form unverwechselbaren Bildbegriff entwickelt.

Ausgangspunkt war 1982 die Ausmalung einer romanisch gewölbten Stube im Bergfried von Schloss Buchberg in Österreich. Hier überlagerte eine Abfolge teilweise an der Wandkante abbrechender, verschiedenfarbiger breiter Streifen Fußboden, Wände und Decke. Die Form des Raumes wird dabei ignoriert – der architektonische und der gemalte Raum scheinen einander zu widersprechen und bieten dem Betrachter ein ungewohntes, verblüffendes Seherlebnis. Das Prinzip konkurrierender, rein durch farbige Strukturen gebildeter gemalter Raumansichten übertrug Dóra Maurer anschließend auf zweidimensionale, vielteilige Bildflächen. Mit Hilfe von Projektoren konstruiert sie scheinbar gebogene, verzerrte Elemente, deren optische Wirkungen frappieren: Die gemalten, flachen Gebilde scheinen sich von der Wand zu lösen und dem Betrachter räumlich entgegenzukommen. Drei exemplarische Werke befinden sich in der Sammlung Peter C. Ruppert im Museum im Kulturspeicher.

Dóra Maurer studierte von 1955–1961 an der Hochschule für Bildende Künste in Budapest und lehrte unter anderem an der Hochschule für Angewandte Kunst und an der Hochschule für Bildende Kunst in Budapest. Seit 1965 präsentiert sie ihre Arbeiten in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen national wie international. Sie lebt in Budapest und ist Gründungsmitglied der ungarischen Künstlervereinigung „Open Structure Art Society“ (OSAS), die seit 2006 im Budapester Vasarely-Museum thematische und internationale Ausstellungen veranstaltet.

Die Preisverleihung an Dóra Maurer erfolgte am 3. Mai 2013 im Museum im Kulturspeicher Würzburg im Rahmen der Feierlichkeiten des Jubiläums „40 Jahre Europastadt Würzburg“ und im Beisein von zahlreichen Vertretern der Europapreisträgerstädte (aus diesem Grund wurde auch der dreijährige Turnus verkürzt). Die Laudatio hielt Dr. Dieter Bogner, Wien.


2016: Hans Jörg Glattfelder

 

Hans Jörg Glattfelder, geboren 1937 in Zürich, zählt zu den herausragenden, international angesehenen Schweizer Vertretern der Konkreten Kunst. Angehöriger der dritten Generation der Konkreten, erlebte er die „Gründerväter“ dieser Kunst noch selbst, um sich dann in seiner eigenen Arbeit von ihnen abzusetzen.

 

Glattfelder betont den Stellenwert des wissenschaftlichen Denkens in der Kultur und greift für seine Malerei auf Theorien der Mathematik zurück. Die Sammlung Ruppert im Museum im Kulturspeicher verfügt über insgesamt drei Werke des Künstlers, darunter eines aus der Werkserie „nicht-euklidische Metaphern“. Gemälde dieser Serie stellen gekrümmte Räume dar, die der gewohnten Würfelform als Raumvorstellung widersprechen und eine große suggestive Kraft ausüben. Das Bild scheint über der Wand zu schweben. Hierbei wählt Glattfelder den Ausdruck „Metapher“ bewusst, denn er sieht sich als Maler, nicht als Illustrator der Mathematik. Mit diesen die Wahrnehmung verblüffenden und faszinierenden Werken schuf Glattfelder eine bis dato nicht gekannte Bildform in der Konkreten Kunst.

 

Seit 1966 setzt sich Glattfelder auch als Theoretiker mit der Konkreten Kunst auseinander und hat in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche Essays, Vorträge und Symposionsbeiträge verfasst. In diesem Zusammenhang erstellte er ab 2008 auch ein Glossar, dass die wesentlichen Begriffe der Konkreten Kunst in klarer Sprache widergibt und exklusiv auf der Homepage des Museum im Kulturspeicher abrufbar ist.

GLOSSAR.-Worte-und-Begriffe-zur-Konkreten-Kunst.html

 

Hans Jörg Glattfelders Kunst genießt internationales Ansehen und wurde bisher in mehr als 100 Einzelausstellungen gezeigt in Deutschland, Frankreich, Italien, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Serbien, Dänemark, Ungarn, Mexiko, Venezuela, Indien, Australien und New York. Sein Werk ist vertreten in führenden Museen der Gegenwartskunst, darunter dem Louisiana Museum of Modern Art in Humlebaek, Dänemark, dem Espace de l’Art Concret, Mouans Sartoux, Frankreich oder dem Museum Haus Konstruktiv, Zürich.

Die Preisverleihung an Hans Jörg Glattfelder fand am 08. November 2016 im Museum im Kulturspeicher Würzburg statt.
Die Laudatio hielt Sergio Lemoine.
 


2019: Norman Dilworth

Norman Dilworth, Peter C. Ruppert Preis 2019 Foto S.Kippes ©MiK 14

Der 1931 in Wigan, Großbritannien, geborene Bildhauer ist einer der herausragenden, international angesehenen Vertreter der Konkreten Kunst. Er gehört zu einer Generation von Künstlern, die in den Nachkriegsjahren nach Versuchen mit Gegenständlichkeit und Abstraktion neue künstlerische Ausdrucksformen des Raumes ohne jegliches Abbild suchten. England war in den Jahren von Krieg und Diffamierung moderner Kunst Zufluchtsland mancher Pioniere der Modernen Kunst geworden, wie Naum Gabo, Antoine Pevsner und Piet Mondrian, und gab damit auch jungen englischen Künstlern Gelegenheit, die Entwicklungen auf dem europäischen Festland zu verfolgen.
Davon profitierte auch Norman Dilworth, den zudem ein Stipendium für Paris 1956 anregte, sich mit den dortigen Strömungen der „Abstraction geometrique“, wie Konkrete Kunst in Frankreich genannt wird, auseinanderzusetzen. Dilworths künstlerisches Anliegen fokussierte sich bald auf den Dialog zwischen Statik und Dynamik; ab 1964 verzichtete er hierzu auf jegliche Figuration. In engem Kontakt mit der englischen „Systems group“, mit der ihn Peter Lowe, wie Norman Dilworth in der Sammlung Ruppert vertreten, bekannt machte, fand er seinen eigenen künstlerischen Weg, indem er Raum in malerischen „All-over-Strukturen“ darstellte. 1970 arbeitete er zusammen mit Peter Lowe an einer dreidimensionalen Arbeit, die den Weg in die Skulptur öffnete. Fortan finden sich in seinem Werk Metallkonstruktionen aus offenen Strukturen, schließlich Gitterstrukturen sowohl als Wandarbeiten als auch freistehend im Raum.
Als Bildhauer konzentriert sich Norman Dilworth bis heute auf den Dialog zwischen Statik und Dynamik, wie in der „Single Line“ von 1977 in der Sammlung Ruppert, die als endlose Linie einen imaginären Raumkörper einschließt. Je nach Blickpunkt erscheint die faszinierende Arbeit simpel oder komplex, gerade oder räumlich gekrümmt, obwohl sie ausschließlich aus geraden Holzelementen besteht, die in einer einzigen Linie die Skulptur entwickeln. Insbesondere mit der Serie der „Single Line“ lieferte Norman Dilworth seinen spezifischen Beitrag zur Konkreten Kunst in Großbritannien. Eine weitere wesentliche Werkgruppe sind die „Generations“, Skulpturen aus linearen Segmenten, die sich wie in Wachstumsprozessen verzweigen.
Bis heute ist Norman Dilworth in einem Netzwerk konstruktiv-konkreter Kunst international aktiv und steht mit zahlreichen Künstlerkolleginnen und -kollegen im Austausch. Zahlreiche Einzelausstellungen in Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Belgien, Deutschland, Schweiz und Schweden präsentieren sein Werk. Ebenso ist er in öffentlichen Sammlungen vieler europäischer Länder vertreten. Norman Dilworth lebt heute in Lille, Frankreich.

Die Preisverleihung an Norman Dilworth fand am 15. November 2019 im Museum im Kulturspeicher Würzburg statt. Die Laudationes hielten Prof. Dr. Antje von Graevenitz und Prof. Dr. Dieter Ronte.
 


2022: Inge Dick

Inge Dick Portrait, Fotohof Salzburg, 2018, Foto H. Seidl ©Fotohof Salzburg

Den Preis Peter C. Ruppert für Konkrete Kunst in Europa vergibt die Stadt Würzburg in Kooperation mit der Stiftung Peter C. Ruppert 2022 an die Künstlerin Inge Dick. 

Mit Inge Dick erhält eine der international profiliertesten Künstlerinnen im Bereich der konkreten Kunst den Preis Peter C. Ruppert. Seit über 50 Jahren ist das zentrale Anliegen der 1941 in Wien geborenen Künstlerin die Auseinandersetzung mit Licht und die Erforschung der Möglichkeiten, seine immateriellen Erscheinungen bildlich festzuhalten. Sie studierte an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und fand, unter anderem nach Begegnungen mit Werken der ZERO-Künstler, zur Monochromie als Bildform, die sie seither kontinuierlich weiterentwickelt. 

Heute lebt und arbeitet die Künstlerin in Innerschwand am Mondsee in Oberösterreich. Ihre Werke befinden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen und wurden international in Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, unter anderem in der TATE Modern London, im Lenbachhaus München, im Museum der Moderne Salzburg und im Museum im Kulturspeicher Würzburg. 

Die konkrete Fotografie stellt einen wichtigen Sammlungsschwerpunkt der Sammlung Peter C. Ruppert dar. Mit „Englisch Rot, Prag – 25.2.99“ aus dem Jahr 1999, einer herausragenden Arbeit aus der Serie der Polaroid-Arbeiten, sowie „Bleu de ciel, analog-digital“ von 2001/2004, welches die Übersetzung natürlicher Farbphänomene des Himmels in fotografische Materialität aufzeigt, sind zwei charakteristische Werke von Inge Dick in der Sammlung vertreten.

Mit verschiedenen Medien wie der Malerei, der Polaroid-Fotografie und dem Digitalfilm lotet Inge Dick die Möglichkeiten aus, vermeintlich unsichtbare Phänomene wie Licht und Zeit sichtbar zu machen. Besonders hervorzuheben ist ihr Umgang mit den bildgebenden Verfahren der analogen und digitalen Fotografie. Diese nutzt sie, um die Farbspektren natürlichen Lichts einzufangen und das Medium selbst auf Möglichkeiten und Grenzen gegenstandsloser Darstellungen zu untersuchen. Dieses Anliegen verfolgt die Künstlerin mit besonderer Konsequenz und Innovationskraft, welche ihr Werk zu einem grundlegend wichtigen Beitrag der konkreten Fotografie machen.
Der Preis Peter C. Ruppert für Konkrete Kunst wird dieses Jahr zum sechsten Mal verliehen. Peter C. Ruppert (1934–2019) rief 2004 die gleichnamige Stiftung ins Leben, die das Preisgeld von 15.000,- € für die Auszeichnung zur Verfügung stellt. Zusammen mit seiner Frau Rosemarie trug er in mehr als drei Jahrzehnten eine Sammlung zusammen, die aktuell über 400 Werke umfasst. Seit dem Jahr 2002 ist diese Sammlung im Museum im Kulturspeicher Würzburg als Dauerleihgabe beheimatet.
 
Die Preisverleihung an Inge Dick fand am 18. November 2022 im Museum im Kulturspeicher Würzburg statt. Die Laudatio hielt Dr. Gerda Ridler, künstlerische Direktorin der Landesgalerie Niederösterreich und langjährige Expertin für das Werk von Inge Dick.

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