Kunst geht fremd ... und dreht ab
Spessartmuseum Lohr a. Main,
Leihgabe Dr. Woehrnitz-Stiftung, Lohr a. Main
Weinkelch mit Jagdszene
Spessart, 2. Drittel 18. Jahrhundert
Glas, geschnitten, 15 cm hoch
Foto: Leonhard Tomczyk, Spessartmuseum
Der Weinkelch aus farblosem Glas wurde im 2. Drittel des 18. Jahrhunderts höchstwahrscheinlich in einer Spessarter Glashütte hergestellt. Er besteht aus einem Tellerfuß mit nach innen umgeschlagenen Rand, einem pseudofacettierten Schaft mit eingestochener langer Luftblase und einer konischen Kuppa. Letztere verdient besondere Aufmerksamkeit. Sie ist verziert mit einer geschnittenen Szene, die vier im Kreis laufenden Hunde zwischen zwei Bäumen und einem angedeuteten Zaun zeigt. Ein derartiges Dekormotiv gehört in den Bereich der sogenannten Jagdszenen und taucht im 18. Jahrhundert auf manchen Trinkgefäßen aus Glas auf, aber auch auf anderen kunsthandwerklichen Erzeugnissen aus diversen Materialien, wie z.B. Spiegeln, Schatullen, Bestecken, Pokalen, Waffen etc. Es fügt sich thematisch in die höfische Jagdkultur ein, die im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Die Jagd diente damals vor allem als Zeitvertreib und Vergnügen der aristokratischen Gesellschaft, oft verbunden mit theatralisch anmutenden Zügen. Sie spielte sich nicht nur im Wald auf einer aufgestellten Schiessbühne für die Hauptakteure ab, sondern auch in den speziell dafür errichteten und prunkhaft ausgestatteten Jagdschlössern.