Scharf geschnitten - Linolschnitte vom Expressionismus bis heute

29. Juli 2017 - 01. Oktober 2017

Scharf geschnitten – Linolschnitte vom Expressionismus bis heute aus der Sammlung der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen, 29. Juli bis 1. Oktober 2017

Ein als Fußbodenbelag entwickeltes Material wird ein Medium für künstlerische Grafik: Seit Anfang des 20. Jahrhunderts entdecken Künstler das geschmeidige, leicht zu schneidende Linoleum für den Hochdruck. Expressionisten wie Gabriele Münter, August Macke und Christian Rohlfs wenden die neue Technik des Linolschnitts an; Pablo Picasso und Henri Matisse nutzen seine Möglichkeiten, farbig zu drucken und Fläche und Linie in idealer Weise in Einklang zu bringen. Eine Wiederentdeckung erfährt der Hochdruck in den 1980er Jahren bei Künstlern wie Georg Baselitz, Jörg Immendorff oder Markus Lüpertz, deren stark farbige, teilweise sehr großformatige Grafiken in Konkurrenz zu ihrer Malerei treten.

Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen sammelt seit ihrer Gründung  1989 Linolschnitte. Entstanden ist eine einzigartige Sammlung, die einen repräsentativen Querschnitt von 1900 bis heute bietet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Wettbewerb „Linolschnitt heute“, der seit 1989 alle drei Jahre ausgerichtet und von den in Bietigheim-Bissingen ansässigen Deutschen Linoleumwerken gefördert wird. Dieser Wettbewerb ist mittlerweile weltweit in Fach- und Künstlerkreisen bekannt. 2016, im Jahr des 10. Wettbewerbs, nahmen über 500 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt – von Skandinavien bis Südafrika, von Mexiko bis Australien – daran teil. Eine hochkarätig besetzte Jury wählt nicht nur die Preisträger, sondern ebenso Werke für eine Ausstellung und für den Ankauf aus. Die Einsendungen zeigen die gesamte Bandbreite der vielfältigen Möglichkeiten, die der Linolschnitt heute bietet. Das Spektrum reicht vom klassischen Weißlinienschnitt bis hin zu farbintensiven Werken, manche auf fotografischen Vorlagen basierend. Neben Papier kommt immer häufiger auch Leinwand als Bildträger zum Einsatz, oder die bearbeitete Linoleumplatte wird nicht nur als Druckstock, sondern selbst als Kunstwerk verstanden. Stilistisch zeigt sich eine enorme Spannweite von geometrischen und konkreten Tendenzen über gestische Expressivität und Dynamik bis hin zu konzeptuellen Werken. In virtuoser Technik entstehen in teilweise wandfüllenden Formaten Landschaften, Figurenbilder und Interieurs. Die Bietigheimer Linolschnitt-Sammlung bietet damit gleichzeitig ein beeindruckendes Spektrum der Anliegen und Ausdrucksformen der Gegenwartskunst.

Die Ausstellung im Museum im Kulturspeicher Würzburg zeigt mit über 100 Werken einen Ausschnitt dieser einzigartigen Sammlung: Von den frühen Linolschnitten des Expressionismus über die Werke der französischen Moderne wird der Bogen zu den deutschen Künstlern der 80er Jahre geschlagen. Von hier führt der Weg mit den Ankäufen aus den zehn Wettbewerben „Linolschnitt heute“ in die Gegenwart der Kunst des Linolschnitts: international, reich an Überraschungen und Entdeckungen, experimentierfreudig und unbedingt sehenswert!

 

Philipp Hennevogl, Bgf II (Bruttogewerbefläche), 2003, Foto Frank Kleinbach

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