Tree and Soil – 27. März 2021 bis 24. Mai 2021
In den Jahren nach der nuklearen Katastrophe reisten die KünstlerInnen mehrfach in das Sperrgebiet. Oft fühlten sie sich dabei „wie ArchäologInnen der Zukunft, die zu verstehen versuchen, was in einer fernen Vergangenheit geschehen war.“ In Interviews mit den ehemaligen Bewohnern, in Foto- und Videoaufnahmen dokumentierten sie über Jahre hinweg die menschenleeren Orte und vor allem die einst gepflegten japanischen Kulturlandschaften mit Gärten, Feldern und akkurat gepflegten Wäldern, die von der Natur zurückerobert werden.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine Videoinstallation mit Aufnahmen der scheinbar unberührten Natur in der verseuchten Region. Die Filme mit ihren langen Einstellungen – fallender Schnee, vom Wind bewegte Blätter, Sonnenlicht, das durch das Laub bricht – sind von einer stillen, poetischen Kraft. Ein Klangteppich aus Vogelgesang, Windrauschen, Grillenzirpen und knackendem Eis macht die Schönheit der Natur intensiv erfahrbar. Die radioaktive Bedrohung aber bleibt – wenngleich unsichtbar – anwesend.
Die Vielschichtigkeit des Verhältnisses von Mensch und Natur findet einen weiteren Ausdruck in der Kombination eigener Fotografien aus der Sperrzone mit Naturalien und künstlerischen Darstellungen aus der Sammlung des aus Würzburg gebürtigen Arztes Philipp Franz von Siebold. Im frühen 19. Jahrhundert am holländischen Handelsstützpunkt Dejima stationiert, hatte er die Gelegenheit, das Land zu bereisen und große Mengen von Artefakten, Pflanzen- und Tierarten zu sammeln. Seine Sammlung zeigt, wie tief die japanische Kultur in der Natur verwurzelt und von ihr inspiriert ist. Siebold steht aber auch für ein Zeitalter, in dem Forscher die Welt bereisten, um sie zu erkunden, zu ordnen und ihre Ressourcen für die Menschheit nutzbar zu machen – ein Vorspiel zum Anthropozän, in dem unser Planet durch menschliches Tun massiv gefährdet ist. Dies zeigt sich eindrücklich in Fukushima.
Ein intensives Begleitprogramm greift verschiedene Fragestellungen der Ausstellung auf – das Verhältnis von Mensch und Natur, die Herausforderungen der Energiewirtschaft, aber auch das japanische Naturverständnis und seine Erforschung durch Philipp Franz von Siebold werden in Kooperationen mit unseren Würzburger Partnerinstitutionen beleuchtet. In einem Künstlergespräch erläutern Robert Knoth und Antoinette de Jong ihre Intentionen und berichten von ihren Eindrücken aus Fukushima.
Robert Knoth und Antoinette de Jong
Antoinette de Jong (*1964) und Robert Knoth (*1963) behandeln mit den Medien Film, Fotografie und Installation komplexe soziale, ökonomische sowie politische Themen. Ihre Arbeiten werden weltweit ausgestellt, so zuletzt auf dem Fotofestival in Lianzhou, China, bei C/O Berlin und im Forum für Fotografie Köln, im Stedelijk Museum Amsterdam oder im Tokyo Metropolitan Museum of Photography. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 2018 waren sie unter anderem für den Prix Europa sowie für den Prix Ars Electronica nominiert. Ihre 2020 erschienene Publikation „Tree and Soil“ war auf der Shortlist des Les Rencontres d’Arles Book Award 2020. „Tree and Soil“ wird 2021 neben dem Museum im Kulturspeicher im Fotomuseum Den Haag und im Kunst Haus Wien gezeigt.
Mit freundlicher Unterstützung des Generalkonsulats der Niederlande und des Mondriaan Fund.
Bei der Arbeit, früh morgens. Aufnahme des Gesangs einer japanischen Nachtigall.
Anlässlich der Ausstellung entstand Kontakt zum Botanischen Garten der Universität Würzburg, der zu Ehren des weltweit bekannten Philipp Franz von Siebold über 150 "seiner" Pflanzen kultiviert.
Erfahren Sie mehr auf der Website des Botanischen Gartens sowie in einem eigens produzierten Videobeitrag.