KONKRET GLOBAL!
Die Ideen der konstruktiv-konkreten Kunst seit ihren Anfängen im frühen 20. Jahrhundert bildeten nicht nur eine Gegenbewegung zu figurativen Kunstrichtungen, sondern auch ein künstlerisches Mittel zur Formulierung von Visionen gesellschaftlicher Zukunft. Die „Notwendigkeit des Konkreten“ (Mari Carmen Ramírez) bezeichnet zunächst die Suche nach universellen Sprachen in Kunst, Architektur und Poesie. Die Weiterentwicklung der Konkretion nach 1945 hatte weltweit mehrere Ursprünge: In Europa war es die Erfahrung mit Tod und Zerstörung durch Holocaust und Zweiten Weltkrieg, in Ländern des Globalen Südens der Drang zur Formierung postkolonialer Gesellschaften. Notwendig erschien Künstler:innen eine universelle Sprache damals oft auch als Gegenentwurf zur Lebenswirklichkeit in totalitären Systemen. Aus globaler Perspektive betrachtet kann die Geschichte der konkreten Kunst eine alternative Historie der Nachkriegsavantgarde ab 1945 sein, jenseits des westlichen Narrativs von der „Abstraktion als Weltsprache“.
Wesentlich für das weltweite Auftreten der konstruktiv-konkreten Kunst ist, dass sie sich nicht nur in den kulturell hegemonialen Zentren der westlichen Welt wie Paris entwickelte. Ungegenständliche, geometrisch fundierte Formsprachen entstanden ebenso an vergleichsweise peripheren europäischen Orten wie Zürich und Ulm – und auch in Städten Zentral- und Lateinamerikas, im Mittleren Osten, in Nord- und Westafrika, sowie in Süd- und Westasien. In Ländern wie Pakistan, Libanon, Ägypten, Marokko, oder Ghana, die sich kurz zuvor von der Kolonialherrschaft befreit hatten und selbständige Staaten geworden waren. Dort wuchs ein neues Selbstverständnis, indem Künstler:innen sich aktiv in einen Dialog mit internationalen Spielarten von geometrischer und konstruktivistischer Kunst einschalteten. Oft gingen diese von ähnlichen Bezugssystemen aus, wie sie in der europäischen Moderne bei Künstlern wie etwa Malewitsch, Mondrian und Moholy-Nagy zu finden waren – grenzten sich jedoch deutlich von deren dogmatischen Programmen ab und folgten eigenen Grundsätzen. In Form von historischen (Un)Gleichzeitigkeiten bildeten sich progressive und kulturell situierte künstlerische Konzepte aus, getragen von transnationalen Netzwerken, deren gemeinsames künstlerisches Anliegen sich als Entwicklung einer neuen Subjektivität zusammenfassen lässt.
Die Ausstellung „KONKRET GLOBAL!“ greift die Idee der Konkretion als globales Phänomen auf und untersucht anhand von Schlüsselfiguren und -werken die ästhetischen Ausprägungen, gesellschaftspolitischen Dimensionen und ihre Netzwerke nach 1945 in verschiedenen Kontexten weltweit.
kuratiert von Luisa Heese und Anke Kempkes
25./26.10.2022
KONKRET GLOBAL! Internationales Symposium
in Kooperation mit dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Würzburg
Programm zum Download:

Gefördert durch die
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https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-und-medien
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